Ludic Fallacy

Theoretische Modelle und deren eingeschränkte praktische Brauchbarkeit

Was bedeutet Ludic Fallacy und wie entsteht diese Verzerrung entsteht
In welchen Bereichen des Lebens kannst du die Ludic Fallacy erkennen
Warum solltest du dir dieser Verzerrung bewusst sein
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    Du wirst gefragt, wie die Chancen aussehen, dass eine Frau oder ein Mann als nächstes ins Büro kommt. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung sagt, dass die Chancen in etwa 50:50 stehen. Was du nicht weißt – es handelt sich um das Büro einer Organisation für Mütterbetreuung, der Kontext ist real deutlich anders als die erste theoretische Frage impliziert.

    Statistiken geben nicht immer die richtige Antwort, ihre fehlerhafte Anwendung bezeichnet man als Ludic Fallacy (deutsch: ludische Verzerrung). Nassim Nicholas Taleb prägte diesen Begriff – das Konzept ist wichtig, um in der Realität keine vereinfachten Modelle zu verwenden, die verzerrte Erwartungen schaffen und Entscheidungen mit sich bringen, die man besser nicht getroffen hätte..Sehen wir uns an, wo das in deinem persönlichen Umfeld besonders relevant sein kann.

    Hintergrund der Ludic Fallacy

    Der Begriff der Ludic Fallacy oder „ludischen Verzerrung“ wurde von Nassim Nicholas Taleb in seinem bekannten Buch „Der schwarze Schwan“ geprägt. Er leitete ihn von dem lateinischen Wort “ludus” ab, das “Spiel, Schauspiel oder Zeitvertreib ” bedeutet. Im Wesentlichen geht es darum, irrtümlicherweise exakt definierte Probleme oder Modelle der Mathematik bzw. von Laborexperimenten in der komplexen realen Welt anzuwenden.

    Wir Menschen neigen generell dazu, die Rolle des Glücks im Leben zu unterschätzen. Anders beim Glücksspiel – hier überschätzen wir sie. Die Gewinnchancen etwa im Lotto oder im Casino sind mit dem jeweiligen Spiel und den zugrundeliegenden Regeln verbunden. Es sind Wahrscheinlichkeiten in einem abgeschlossenen System.
    Der Trugschluss bei der Ludic Fallacy besteht nun darum, Wahrscheinlichkeiten aus einem geschlossenen System (etwa einem Würfelexperiment) in einen Kontext zu übertragen, das wesentlich komplexer und in sich nicht geschlossen ist. Das Ergebnis: die Schlussfolgerungen sind in der Realität nicht brauchbar.

    Eine wesentliche Konsequenz der ludischen Verzerrung ist, wenn Menschen die Rolle des Zufalls in ihrem Leben falsch einschätzen; im Wesentlichen gehen diese Menschen davon aus, dass der Zufall in ihrem Leben nach genau festgelegten Regeln abläuft. In Wirklichkeit basiert dieses reale Leben auf wesentlich komplexeren Prinzipien, die nicht mit Wahrscheinlichkeiten abgebildet werden können.

    Taleb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit als freie Kunst und nicht als Werkzeug, um den häufigen Wunsch nach Berechenbarkeit und Gewissheit zu befriedigen.

    Wo wir die ludische Verzerrung berücksichtigen sollten

    Eine als fair bezeichnete Münze ist 49-Mal hintereinander auf „Kopf“ gefallen – wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch beim 50. Mal auf Kopf fällt?

    • 50% lautet die Antwort auf Basis der statistischen Annahme, dass der faire Münzwurf unabhängig vom vorigen Ergebnis ist.
    • De facto 0% lautet die Antwort unter Berücksichtigung des realen Kontexts – es handelt sich bei dem Münzwurf offensichtlich nicht auf einen „fairen“. Es spricht die reale Beobachtung dafür, dass die Münze manipuliert ist.

    Die Ludic Fallacy wäre in diesem Beispiel das wahrscheinliche Element „manipulierte Münze“ (und daher mehr reale Komplexität) auszuklammern und sich auf die Modellebene zurückzuziehen.

    Die praktische Problematik besteht darin, den jeweiligen Kontext und die damit verbundene Komplexität richtig einzuordnen. Denn: Wahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Annahmen begleiten uns überall, etwa bei:

    • Entscheidungen im Unternehmenskontext,
    • der Einschätzung des Potentials einer Bewerberin oder
    • der Prognose von Wahlergebnissen.

    Es stellt sich stets die Frage, ob es sich um eine Situation des strukturierten Zufalls (wie im Casino) oder des unstrukturierten handelt. Dementsprechend sind für die genannten Beispiele Modelle mehr oder weniger brauchbar.

     

    Wichtige Schlussfolgerungen für die Praxis

    Die Idee, naive und vereinfachende statistische Modelle auf komplexe Bereiche des Lebens und der Wissenschaft anzuwenden, wird von Taleb kritisiert. Der Grund: In den meisten Fällen funktionieren die Verhaltensmuster nicht so, wie im Lehrbuch beschrieben. Sein Argument basiert auf der Idee, dass Vorhersagemodelle zu mathematischer Reinheit tendieren und verschiedene Aspekte nicht berücksichtigen. Solche Aspekte könnten sein:

    • Nicht die Gesamtheit der verfügbaren Informationen zu besitzen. In der Wirtschaft sind dies z.B. die Pläne von Investoren, die nicht veröffentlicht werden, Veränderungen auf dem Markt, die Absichten anderer Teilnehmer des Prozesses.
    • Kleine unbekannte Abweichungen in den Daten können große Auswirkungen haben. Ereignisse mit geringer Wahrscheinlichkeit oder Hindernisse, mit denen niemand rechnet, die aber dennoch eintreten können, müssten entsprechend berücksichtigt werden.

     

    Taleb definiert zwei Bereiche, in denen wir über Risiko nachdenken können:

    • Der ludische Bereich, der wie ein Spiel mit klar definierten Regeln aufgebaut ist (wie ein Casino)
    • Der ökologische Bereich (das „wirkliche Leben“), wo niemand die exakten Regeln kennt und man nicht bestimmen kann, welche Variablen zu welchem Ergebnis beitragen.

     

    Wie können wir die Ludic Fallacy vermeiden?

    In der Realität ist es nicht immer bzw. leicht möglich, alle Faktoren zu berücksichtigen, die im jeweiligen Kontext relevant sind. Die richtige Einschätzung der Situation und der Einflussfaktoren entscheidet darüber, ob mathematische oder statistische Modelle tauglich sind oder nicht. Die empirische Beobachtung, Erfahrungen und Recherche geben diesbezüglich Anhaltspunkte.

    Ein sinnvoller Startpunkt scheint daher die Einordnung des jeweiligen Kontexts in zwei Dimensionen bekannt und unbekannt, sowie Wissen und Unwissen. Du findest ein Modell zur einfachen Anwendung dieses Prinzips im Kurs „Risiko “. Wir setzen dort dazu ein, um unseren Ausgangspunkt bei der Risikoidentifikation passend zu treffen.

    Taleb propagiert sich regelmäßig zu trainieren, um den Unterschied zwischen dem Empirischen und dem Sensationellen zu erkennen. Letzteres beeinflusst unsere Wahrnehmung in vielerlei Hinsicht.

     

    Zusammenfassung & nächste Schritte

    • Die Ludic Fallacy ist die Verwechslung von exakt formuilerten Problemen der Mathematik bzw. von Laborexperimenten mit der ökologisch komplexen realen Welt.
    • Die Welt ist so variabel und unkontrollierbar, dass es einfach unmöglich ist, alle Faktoren vorherzusagen. Dies kann zu übermäßigem Vertrauen in die Wahrscheinlichkeitstheorie und damit zu blindem Glauben an den Erfolg führen, während sich kalkulierte Risiken in einer bestimmten Situation als nützlicher erweisen könnten.
    • Man muss sich darin üben, das Sensationelle vom Empirischen zu unterscheiden und Entscheidungen auf der Grundlage kalkulierter Risiken und erlernter Zufallsfaktoren zu treffen, um aus jedem Ergebnis einen Erfolg zu machen

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    Alle Links, die wir im Text verwendet haben

    https://de-biasing.com/produkt/risiko/

     

    Weiterführende Quellen:

     

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