Overconfidence Bias

Warum wir unsere Kompetenzen systematisch falsch einschätzen

Was ist der Overconfidence Bias?

Der Overconfidence Bias (deutsch: Selbstüberschätzung oder auch übermäßiges Selbstvertrauen) beschreibt die Tendenz, die eigenen Kompetenzen, das eigene Wissen oder die Genauigkeit von Prognosen zu hoch einzuschätzen. Er tritt im Alltag wie im Job auf – von „Ich schaffe das Projekt locker bis Freitag“ bis zu „Meine Einschätzung ist sicher richtig“. Wichtig: Overconfidence ist kein Charakterfehler, sondern ein kognitives Muster, das uns alle betrifft – auch und gerade Personen mit viel Expertise oder hohem Status.

Drei Formen, ein Muster – Ausprägungen des Overconfidence Bias

  • Über-Schätzung (Overestimation): Wir bewerten Leistung, Erfolgschancen oder Wissen zu optimistisch. Beispiel: Ein Team kalkuliert 3 Wochen, obwohl ähnliche Tasks regelmäßig 5 benötigen.
  • Über-Platzierung (Overplacement): Wir halten uns für „besser als den Durchschnitt“. Das führt zu riskanten Entscheidungen, weil wir andere Personen und die Komplexität des jeweiligen Kontexts unterschätzen.
  • Über-Präzision (Overprecision): Wir geben zu enge Konfidenzintervalle an („zu 95 % sicher“), obwohl die Datenlage unsicher ist.
  • Illusion der Kontrolle: Zufallsergebnisse werden als Können gedeutet – besonders in dynamischen Umfeldern wie Märkten.
  • Lernbremse: Wer zu sicher ist, sucht seltener Gegenbelege und verbessert seine Modelle langsamer.

Kurzfazit & Empfehlung: Der Overconfidence Bias ist ein Strukturproblem des Denkens – nicht nur ein Ego-Problem als das er auf den ersten Blick manchmal reduziert wird. Er zeigt sich als deutliche Ausprägung unseres „System 1“ und führt rasch zu falschen Urteilen. Für einen kompakten Einstieg mit Praxisübungen empfehlen wir den Kurs Einführung in die Welt der Unconscious Biases auf de-biasing.com.

 

Wie entsteht Selbstüberschätzung?

Selbstüberschätzung bzw. Overconfidence entsteht, weil unser Gehirn Komplexität reduziert und uns dabei systematisch in Richtung „zu sicher“ schiebt. Wir erinnern Erfolge stärker, blenden Gegenbelege aus und verwechseln Vertrautheit mit Wahrheit. So fühlt sich ein Urteil stabil an, obwohl die Datenlage wackelig ist.

Treiber und Verstärker von Selbstüberschätzung

  • Bestätigungsfehler: Wir suchen Belege für unsere Sicht und übersehen Widersprüche; dadurch wächst übermäßige Sicherheit.
  • Planungsfehlschluss: Wir unterschätzen Zeit, Kosten und Risiken – besonders bei neuen Aufgaben ohne belastbare Erfahrungswerte.
  • Verfügbarkeitsheuristik: Einprägsame Beispiele wirken wahrscheinlicher, wodurch Optimismus oder Sorglosigkeit steigen.
  • Sozialer Vergleich: In kompetitiven Umfeldern (etwa im Vertrieb oder in Start-ups) wird ein „Sieg-Narrativ“ belohnt; Zweifel erscheinen schwach.
  • Feedbacklücken: Fehlende, verspätete oder verzerrte Rückmeldungen (z. B. Erfolgszuschreibungen) verstärken Scheinsicherheit.

Zusammenfassung: Wir bei de-biasing.com sagen nicht, dass gesundes Selbstvertrauen negativ ist. Der Grad zur Selbstüberschätzung ist jedoch manchmal schmal, da verschiedene Heuristiken und unbewusste Muster verstärkend wirken. Neben dem Bewusstsein für dieses Phänomen empfehlen wir systematisches Feedback sowie, neutrale Dritte in die Beurteilung wichtiger Fragen einzubeziehen.

 

Wie erkennt man Selbstüberschätzung?

Du erkennst Selbstüberschätzung daran, dass die subjektive Sicherheit schneller steigt als die verfügbare Evidenz. Typisch sind knappe Deadlines, enge Schätzintervalle und Sätze wie „Da bin ich mir zu 100 % sicher“. Warnsignal: Wenn Ergebnisse wiederholt hinter Ankündigungen zurückbleiben, liegt in der Regel kein Pech vor – sondern ein Kalibrierungsproblem.

Praktische Indikatoren für den Overconfidence Bias im Alltag

  • Enges Konfidenzintervall: Antworten kommen mit hoher Sicherheit, selten mit „kommt darauf an“ oder Bandbreiten.
  • Konstante Untererfüllung: Pläne reißen systematisch Zeit/Kosten; Ursachenanalyse bleibt vage („unvorhersehbar“).
  • Selektive Evidenz: Gegenargumente gelten als „Randfälle“; Meetings enden ohne konkrete Gegenprüfung.
  • Verwechslung von Können und Glück: Erfolge werden personalisiert, Zufallseffekte ignoriert.
  • Kein Lernpfad: Es gibt kein Forecast-Log, keine Trefferquote, keine Lessons Learned – nur „nächstes Mal besser“.

Empfehlung: Wir bei de-biasing.com wissen, dass es nicht einfach ist, die eigene Tendenz zur Selbstüberschätzung einschätzen zu können. Darum haben wir im Kurs Einführung in die Welt der Unconscious Biases einen einfachen Test und tiefergehende Erklärungen integriert, wie du Overconfidence bei dir oder anderen praktisch erkennen kannst.

 

Was ist der Dunning-Kruger-Effekt?

Der Dunning-Kruger-Effekt ist ein spezielles Muster von Overconfidence: Geringe Kompetenz führt zu hoher Selbstsicherheit – die Unkenntnis eigener Kompetenzlücken führt zu Überschätzung. Als zweite Ausprägung unterschätzen sich Personen mit überdurchschnittlicher Kompetenz.

Die Merkmale des Dunning-Kruger-Effekts

  • Metakognitive Lücke: Wer eigene Gedanken und Handlungen nicht gut reflektieren kann, erkennt Fehler oder Lücken schlechter –  und bewertet die eigene Leistung zu hoch.
  • Umgekehrter Effekt bei Profis: Mit wachsender Expertise steigt die Fähigkeit zur Selbstkalibrierung. Das Selbstbild wird realistischer, kann aber auch zur Umkehrung führen, zur eigenen Unterschätzung.
  • Praxisbezug: Die eigene Lebensqualität hängt unmittelbar damit zusammen, Talente, Interessen und Kompetenzen möglichst gut nutzen zu können. Der Effekt betrifft die richtige Berufswahl ebenso wie Fragen der Weiterbildung oder private Hobbys.
  • Verpasste Chancen zur Entwicklung: Ohne realistische Einschätzung eigener Kompetenzen ist der Entwicklungsbedarf schwer erkennbar. Dies betrifft Einzelpersonen ebenso wie Organisationen.
  • Brücke zu Maßnahmen: Strukturierte Lernpfade, Feedback, Mentoring und Tests mit klaren Kriterien mindern den Effekt.

Fazit: Der Dunning-Kruger-Effekt steht mit dem Overconfidence Bias ebenso wie mit anderen unbewussten Faktoren in engem Zusammenhang. Auf de-biasing.com stellen wir verschiedene Möglichkeiten für kompetenzbasiertes Lernen zur Verfügung. Welche Kompetenzen gestärkt werden sollten, wird durch diesen Effekt unklar. Lies daher den vertiefenden Artikel zum Dunning-Kruger-Effekt mit weiteren Praxistipps und Beispielen auf unserer Plattform.

 

Was kann ich gegen Overconfidence unternehmen?

Passende Maßnahmen zielen auf bessere Kalibrierung (Einschätzung passend zur Evidenz) und bessere Entscheidungen ab. Es geht dabei nicht darum, Selbstvertrauen per se zu schwächen oder zu zerstören – dieses brauchen wir für eine gute Lebensqualität. Ein gesundes Selbstvertrauen zu behalten und gegen den Overconfidence Bias vorzugehen sind gut kombinierbare Aspekte.

Fünf einfache Ansätze gegen Overconfidence

  • Bandbreiten & Wahrscheinlichkeiten: Vermeide exakte Prognosen (sogenannte Punktprognosen) und definiere Bandbreiten sowie Wahrscheinlichkeiten für deren Eintritt und dokumentiere dabei deine Gedanken.
  • Base-Rates zuerst: Suche bei wichtigen Schätzungen möglichst Vergleichsdaten (etwa Branchenwerte oder frühere Projekte), dann passe auf den Fall an.
  • Pre-Mortem: „Angenommen, es scheitert – woran?“ Hinterfrage die ersten Einschätzungen und finde mögliche Schwächen in den Annahmen.
  • Forecast-Log: Halte Annahmen und Ergebnisse fest und werte regelmäßig aus, wie du deine Schätzungen wirklich waren. Erkennst du Muster dabei?
  • Checklisten & Stop-Regeln: Lege Kriterien fest, ab wann du Annahmen testest oder Entscheidungen revidieren bzw. wiederholen musst.

Empfehlung: Der Overconfidence Bias ist weit verbreitet – in Organisationen kommt er oft ganz oben vor. Reduziere ihn zunächst mit einfachen Mitteln, nicht mit Appellen. Wir widmen diesem zentralen Bias ein eigenes Modul im Kurs Einführung in die Welt der Unconscious Biases  – hole dir dort tiefergehende Erklärungen sowie bewährte Gegenrezepte.

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