Anchoring Bias - Ankereffekt

Wir zahlen oft mehr als nötig

Unsere Schwierigkeit, absolute Zahlen richtig einzuordnen
Wo wir aufpassen sollten und wo der Ankereffekt nützlich sein kann
Drei praktische Empfehlungen ,um weniger geankert zu werden
Alle Biases

Wie schätzen wir etwas? Es stellt uns jemand etwa die Frage, wie viele Einwohner Hamburg hat, wann Mozart geboren wurde oder wie hoch das Marketingbudget unseres Mitbewerbers ist. Wenn wir die Antwort darauf nicht wissen, nehmen wir gerne etwas Bekanntes – einen Anker – als Ausgangspunkt. Davon ausgehend begeben wir uns weiter ins unbekannte Terrain.

Das Problem dabei? Wir verwenden Anker auch dann, wenn der Startpunkt haltlos ist oder auf einem vagen Eindruck beruht – der Ankereffekt oder Anchoring Bias bewirkt, dass unsere Schätzungen und die darauf basierenden Entscheidungen falsch sind. Studien zum Ankereffekt zeigen eindrucksvoll, wie universell der Anchoring Bias wirkt – vor allem bei Zahlen, aber nicht nur.

Wurdest du schon einmal „geankert“? Verkaufsprofis setzen Anker gezielt ein, um ihre Ziele durchzusetzen – es hilft daher zu wissen, wie Anker wirken und wie du damit umgehen kannst. Denn vermutlich hast du aufgrund eines bewusst gesetzten Ankers schon einmal zu viel bezahlt.

Anker und Anchoring Bias – unsere Schätzungen liegen manchmal weit daneben

Wie viele Einwohner hat Hamburg? Vielleicht gehe ich bei meiner Schätzung so vor: Ich wohne selbst in Wien und kenne die Einwohneranzahl von über 1,9 Millionen Menschen. Dann weiß ich, dass Hamburg nicht die größte, aber eine sehr große deutsche Stadt ist. Ich erinnere mich daran gehört zu haben, dass Hamburg kleiner als Wien ist – ich schätze daher auf 1,7 Millionen Einwohner, was eine relativ gute Annäherung darstellt (korrekt: 1,8 Millionen).

Wir setzen Anker aber nicht nur bewusst wie bei diesem Beispiel ein.

Die erste Information, die unser Gehirn erhält, sei es das erste Online-Suchergebnis oder ein erster Impuls, den unser Gehirn wahrnimmt, dient als ein Bezugspunkt. Dieser Anker, egal ob korrekt, relevant oder auch nicht, fixiert uns sehr stark. Dies ist insbesondere bei absoluten Zahlen bemerkbar, bei denen wir häufig Schwierigkeiten haben, sie richtig einzuordnen. Welcher Preis ist nun wirklich adäquat fürs neue Auto? Ohne Anhaltspunkte ist dies schwer zu beantworten.

Studien zum Ankereffekt zeigen, dass auch zufällige oder sinnlose Anker wirken – etwa gewürfelte Zahlen oder zufällig gewählte Referenzpunkte. Die Crux beim Anchoring Bias ist, dass der Anker unbewusst wirkt – wir passen in der Regel unsere Schätzungen an, aber nicht ausreichend genug. Wir bewegen uns vom Anker weg, nur nicht weit genug – der Anker zieht „magisch“ an.

Die Definition des Ankereffekts bzw. Anchoring Bias:

Die Fixierung auf einen ursprünglichen Wert, was zu unzureichender Anpassung bei den folgenden Schätzungen führt.​

Wir beziehen uns auf die erste Information, die wir erhalten oder wahrgenommen haben – ohne zu erkennen, dass diese und die damit verbundenen Assoziationen nicht immer richtig oder angemessen sind.

Der Anchoring Bias hängt stark damit zusammen, wie gut meine Informationen sind. Wenn ich, wie im Einführungsbeispiel, einen brauchbaren Referenzpunkt habe, kann meine Schätzung qualitativ ausreichend sein. Fehlt mir dieser, wird sich meine Schätzung zu nahe beim Anker befinden – dieser Effekt ist ausnutzbar, sobald eine Informations-Asymmetrie besteht.

Das Ergebnis: unsere Schätzungen können falsch oder sinnlos sein, ebenso unsere Meinungen – denn der Ankereffekt wirkt nicht nur bei Zahlen.

Wo spielt der Ankereffekt praktisch eine Rolle?

 

Die häufigsten Anker sind Zahlen, insbesondere Geld. Dadurch ergeben sich einige praktisch relevante Anwendungsbereiche im Alltag und im Unternehmensbereich, wie etwa:

  • Preisverhandlungen
  • Statt-Preise
  • Berichte, Analysen und Prognosen

Die bewusst gewählte Reihenfolge von Zahlen kann den Anchoring Bias bewusst auslösen, mit üblicherweise unausgeglichenen Folgen für die Beteiligten (unser Kurs „Einführung in die Welt der Unconscious Biases“ enthält ein Beispiel, um diesen Effekt direkt zu erfahren). Der Hintergrund dafür ist die menschliche Schwierigkeit, absolute Zahlen ohne Kontext richtig einzuordnen – ist etwa der von der Maklerin genannte Verkaufspreis teuer oder günstig? Unsere Einschätzung differenziert dabei, inwieweit wir unsere Umgebung kennen. Handelt es sich etwa um eine Immobilie in unserer unmittelbaren Umgebung, ist unsere Urteilskraft besser als am Urlaubsort, an dem ich das erste Mal in meinem Leben bin. Ohne Vergleichsmöglichkeit können wir diese Frage nur sehr unscharf einordnen.

Es fehlt häufig auch die Zeit, die geankerte Zahl im Detail zu analysieren oder sie mit unbeteiligten Dritten zu diskutieren, wodurch der Ankereffekt aktiv bleibt. In der Konsequenz dient der Anker dazu, Überzeugungen und Argumente rund um sie aufzubauen. Der Prozess geht dann in die Richtung, die Richtigkeit des Ankers zu bestätigen, anstatt Gründe für dessen Unrichtigkeit zu suchen. Anker sind daher insbesondere in der Marketing & Sales Toolbox wichtige Instrumente.

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Der Ankereffekt – wo er nützlich sein kann und wo wir aufpassen sollten

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Was wir praktisch unternehmen können, um den Anchoring Bias einzuschränken

Die Kombination eines Ankers, dessen Wiederholung und der Übergang zur Routine stellt einen spannenden psychologischen Prozess dar. Praktisch gesehen, können wir solche Muster oft nur schwer brechen. Warum kaufen wir etwa stets denselben Kaffee bei der großen Kette aus Seattle, wenn wir „einfach Kaffee“ konsumieren wollen?

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Zusammenfassung & nächste Schritte

  • Wir werden permanent „geankert“, akzeptieren diesen Effekt aber nur schwer, da wir ihn nicht mitbekommen.
  • Wir schätzen viele Dinge zu nah an einem (absichtlich gesetzten oder zufällig entstandenen) Anker ein.
  • Wir können Informationsasymmetrie durch Recherche und mehr Zeit (zumindest teilweise) auflösen.

Unsere Community (sowohl beim Kurs als auch im allgemeinen Forum) diskutiert aktuelle Themen wie dieses und bietet weitere Perspektiven und Lösungsansätze. Sei dabei und profitiere von den Erfahrungen anderer! Im Kurs „Risiko“ setzen wir den Ankereffekt in den Kontext des Risikomanagement-Prozesses und beschäftigen uns damit, wie er unsere Beurteilungsfähigkeit einschränkt.

Kontaktiere uns gerne, wenn du Ideen, Fragen oder Anregungen zu diesem Bias hast oder selbst Inhalte für unsere Plattform erstellen möchtest!

 

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