Als Psychotherapeutin und Coach ist es immer wieder eine Herausforderung, ganz unterschiedliche Menschen zu verstehen. Es erfordert in der täglichen Arbeit, bei jeder Person immer wieder genau zuzuhören, nachzufragen und ihre Erfahrungen im individuellen Kontext zu verstehen, um keiner vorschnellen Einordnung zu unterliegen.
In Coaching oder Therapieprozessen ist dies essentiell. Aber auch in anderen Bereichen, in denen Menschen zusammen arbeiten oder leben, ist echtes Verstehen oft für gelingende Kommunikation ein entscheidender Faktor. Menschen befinden sich manchmal in Lebensumständen, deren ganz besondere Herausforderungen man auf den ersten oder zweiten Blick von außen (mit der eigenen, speziell gefärbten Brille) nicht wahrnimmt.
Auch als Therapeutin oder Coach kommt man aus einem bestimmten Lebensumfeld und einer eigenen Biografie und muss häufig sehr genau darauf achten, sich keine vorschnellen Urteile zu machen, um dem Gegenüber nicht mit Vorurteilen zu begegnen.So ergeben sich Situationen, die ein besonderes Risiko bergen, dem Gegenüber mit allzu schneller Einordnung zu begegnen, die ihm letztlich nicht gerecht werden kann. Drei dieser möglichen Stolpersteine möchte ich hier darstellen.
Zu große kulturelle und soziale Unterschiede
Eine schwierige Situation ergibt sich oft, wenn es nötig ist, über den eigenen kulturellen und sozialen Tellerrand zu schauen. Dann, wenn man Menschen gerecht werden möchte, deren kultureller oder sozialer Hintergrund sich maßgeblich von unserem eigenen unterscheidet. Dass Menschen mit Migrationsgeschichten häufig zwischen den Stühlen der Kulturen und der Identitäten sitzen, ist soweit durchaus bekannt. Doch was bedeutet das wirklich?
Zu große biografische Parallelen
Ein ganz anderer möglicher Stolperstein des Verstehens ist eine zu ähnliche, persönliche Biografie. Eigentlich eine scheinbar komfortable Situation für eine beratende, begleitende Person. Das Gegenüber hat eine Lebenssituation zu bewältigen, die man selbst schon erlebt hat und durch die man gut durchgekommen ist.
Scheinbar schon Bekanntes
Wie relevant ist das Thema außerhalb von Therapie oder Coaching?
Wie anfangs bereits erwähnt, spielt die Frage, wie weit ich jemanden tatsächlich verstehe, und wie weit ich nur annehme zu verstehen, nicht nur im Kontext von Therapie oder Coaching eine Rolle. Auch in anderen professionellen und privaten Kontexten ist es ein Hemmnis in der Kommunikation und Beziehungsgestaltung, missverstanden, oberflächlich oder ungenau verstanden zu werden.
So kann es etwa in der Führung einen entscheidenden Unterschied machen, ob man Menschen differenziert oder undifferenziert und oberflächlich versteht. Dabei ist die Erfahrung, wirklich verstanden zu werden, eine die Türen öffnen kann zu vertrauensvoller Kommunikation, sicheren (auch professionellen) Beziehungen und nicht zuletzt zu echter menschlicher Begegnung.
Was braucht es nun, um echtes Verstehen zu ermöglichen?
Silvia Kessler-Eckhart
Psychotherapeutin und Coach, humanistisch ausgebildet in personzentrierter Psychotherapie nach Carl Rogers. Weiterbildung in modernen neuropsychotherapeutischen Methoden (etwa Brainspotting, Traumafokus). Arbeitsschwerpunkt u.a. mentale Gesundheit im Arbeitskontext. Workshopleitung zu Gesprächsführung, Persönlichkeitsentwicklung, mental health care u.a. Gründerin und Partnerin von human work.
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